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Pachtverträge: Risiken und Gestaltung

Tipps für Betreiber und Eigentümer von Immobilien in Gastronomie und Hotellerie zur Ausgestaltung ihrer Pachtverträge.

Text: Thomas Reisenzahn, Prodinger Tourismusberatung

Österreichs Tourismusbetriebe verzeichnen zwar Nächtigungsrekorde und steigende Umsätze, doch diese werden durch die hohe Inflation nahezu aufgezehrt. Die Betriebsergebnisse gingen auch 2025 weiter zurück – mit der Folge, dass Pachtvereinbarungen zunehmend unter Druck geraten. Es ist daher entscheidend, dass sich Betreiber und Eigentümer intensiv mit der Ausgestaltung ihrer Verträge auseinandersetzen, um rechtzeitig auf wirtschaftliche Veränderungen reagieren zu können.

Begriff und Abgrenzung

Ein Pachtvertrag überträgt dem Pächter nicht nur die Räumlichkeiten, sondern auch die wesentlichen Betriebsmittel zur wirtschaftlichen Nutzung. Anders als bei einem Mietvertrag, der sich meist auf Flächen beschränkt, erhält der Pächter in der Hotellerie bzw. Gastronomie die vollständige Ausstattung, die den Betrieb erst ermöglicht.

Kleininventar wie Gläser, Besteck oder Geschirr wird üblicherweise laufend vom Betreiber ersetzt. Graubereiche bestehen bei Gegenständen, die technisch Teil des Großinventars sind, aber einem schnellen Verschleiß unterliegen. Entscheidend ist, dass die Risikoverteilung zwischen Eigentümer und Betreiber fair gestaltet wird – nur so kann ein langfristig tragfähiges Geschäftsmodell entstehen.

Betriebsmittel und Ersatzbeschaffung

In der Regel stellt der Verpächter alle wesentlichen Betriebsmittel (Mobiliar, technische Anlagen) bereit. Der Pächter trägt die Kosten für Verbrauchsmaterialien und die laufende Ersatzbeschaffung des Kleininventars. Diese Aufteilung entlastet den Betreiber, während der Eigentümer die Werterhaltung seines Objekts sichert.

Problematisch wird es, wenn der Pächter auch für größere Ersatzinvestitionen aufkommen soll – insbesondere Einzelbetreiber verfügen oft nicht über die nötige Kapitaldecke. Klare Regelungen sind daher unerlässlich: Der Betreiber sollte für Verschleißteile aufkommen, während grundlegende Anlagen und Möblierungen vom Eigentümer finanziert werden.

Empfehlenswert ist die Führung von Inventar- und Schnittstellenlisten (FF&E) mit Anschaffungszeitpunkt, Anschaffungswert und Eigentumsverhältnis, die jährlich aktualisiert werden sollten.

Vertragsmodelle und Risikoverteilung

Die klassische Umsatzpacht verteilt Risiken ausgewogen: Der Betreiber zahlt abhängig vom erzielten Umsatz, der Eigentümer partizipiert an der wirtschaftlichen Entwicklung.

Demgegenüber stehen Fixpachten oder Sockelpachten (fixer Mindestbetrag plus Umsatzkomponente). Banken bevorzugen diese Modelle, weil sie planbare Einnahmen garantieren. Allerdings können überhöhte Fixpachten den Betreiber finanziell überfordern – was langfristig auch den Immobilienwert gefährdet.

Zwischen diesen Polen haben sich Hybridverträge etabliert, die von Managementverträgen (Risiko beim Eigentümer) bis zu langfristigen Festpachten (Risiko beim Betreiber) reichen. Entscheidend ist: Je länger die Laufzeit, desto wichtiger ein ausgewogener Interessenausgleich.

Angemessene Pachtsätze

In der Praxis haben sich folgende Bandbreiten bewährt:

  • Speisen: 7–8 % des Nettoumsatzes
  • Getränke: 8–10 %
  • Logis (Vollhotel): 16–25 %
  • Garni-Hotel: 20–28 %
  • Wellness: 10–20 %

Die konkrete Höhe hängt von Standort, Wettbewerbssituation und Nachfrage ab. Überhöhte Pachtsätze sind langfristig nicht haltbar und gefährden die wirtschaftliche Stabilität des Betriebes.

Vertragslaufzeiten

Traditionell werden Pachtverträge über 10–15 Jahre abgeschlossen, oft mit Verlängerungsoptionen. Diese Dauer entspricht den Lebenszyklen des Großinventars (technische Anlagen, Möblierung), die nach etwa 10–15 Jahren erneuert werden müssen.

Zu lange Laufzeiten (20 Jahre oder mehr) bergen Konfliktpotenzial: Während der Eigentümer auf Werterhalt drängt, neigt der Betreiber dazu, Investitionen zu verschieben. Kurzfristigere Verträge mit Optionsrechten bieten daher mehr Flexibilität und sichern beiden Seiten Handlungsspielraum.

Rücklagen und Instandhaltung

Ein zentrales Streitthema sind Rücklagen für Ersatzbeschaffungen und Instandhaltungen. Grundsätzlich gilt:

  • Eigentümer: Dach und Fach, Großinventar
  • Betreiber: Kleininventar, laufende Wartungen, kleinere Schönheitsreparaturen

Vertraglich festgelegte Rücklagen (z. B. 3 % vom Umsatz) erscheinen auf den ersten Blick sinnvoll, führen in der Praxis jedoch häufig zu Konflikten, da die konkrete Verwendung oft unklar bleibt. Besser sind transparente Inventarlisten und klar definierte Zuständigkeiten.

Empfehlungen

  • Fairness ist entscheidend: Nur eine ausgewogene Risikoverteilung verhindert Leistungseinbußen und Wertverluste.
  • Flexibilität statt starrer Langzeitverträge: Kurz- bis mittelfristige Laufzeiten mit Verlängerungsoptionen sind praxisgerechter.
  • Transparenz durch Inventarlisten und klare Regelungen zur Instandhaltung erhöht die Planungssicherheit.
  • Realistische Pachtsätze müssen sich an der tatsächlichen Ertragskraft orientieren, nicht an Investitionskosten oder Wunschvorstellungen.

Letztlich hängt der Erfolg eines Pachtvertrages weniger von der juristischen Konstruktion ab als von der wirtschaftlichen Tragfähigkeit – insbesondere in Zeiten rückläufiger Margen im Tourismus. Für Eigentümer wie Pächter gilt: Gut gestaltete, praxisnahe Verträge sichern nicht nur den laufenden Betrieb, sondern auch den langfristigen Wert der Immobilie.

Rückfragen zu Ihrem Betreibervertrag: Thomas Reisenzahn, Prodinger Tourismusberatung, t.reisenzahn@prodinger.at

geschrieben am

09.10.2025